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GTC
25.05.2018

1.000 km Rennen Oppenrod: Underdogs blasen zum Angriff

Zum Saisonauftakt in Cheb hatte es sich schon angekündigt – beim 1000-km-Rennen in Oppenrod wurde es eindrucksvoll bestätigt: Die Underdogs der zweiten Liga blasen zum Angriff auf das Establishment der GTC.

Der KSF Bosch schaffte sensationell einen Gesamtsieg in Oppenrod und dies als Trophy-Team. Das gab es in der Geschichte der GTC erst ein Mal. 2015 gelang dieses Kunststück der Scuderia Nove Rosso beim Super Race Weekend in Cheb. Das erstaunliche beim KSF Bosch ist aber, dass sie gerade einmal vor vier Wochen ihren ersten Klassensieg feiern durften – nach 43 vergeblichen Versuchen.

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Nur ein Rennen später dann also der ganz große Clou. Dabei war das 1000-km-Rennen keines, bei denen die Top-Favoriten nacheinander ausfielen oder Problemen hatten, ganz im Gegenteil. Honda Spirit, Oberheiden Motorsport, die Zehn Gebote, der WGKC oder auch die Cool Runnings und DG Racing by Messebau hatten kein schlechtes Rennen und zeigten erbitterte Gegenwehr.

Natürlich gab es bei einem Rennen über fast 17 Stunden die einen oder anderen kleinen und großen Dramen. So stand die Schnitzelalm lange, um die Bremse des OTK-Chassis wieder flott zu bekommen. Die Allgäuer startet aus der ersten Startreihe und gaben lange mit den Ton an, genau wie LS Racing, die aber gleich zwei größere Probleme bekamen. Auch der MSC Oberflockenbach stand viel zu lange in der Box still, dabei war der Auftaktsieger am Sonntag der Schnellste im Feld. Ein defektes Bremsgestänge ihrer Kelgate Bremse stoppte deren Vorwärtsdrang, genau wie eine Zeitstrafe wegen Speedlimit. Ansonsten aber waren die Top-Teams verschont vom großen Dilemma und bereit, den Gesamtsieg zu holen.

Kleineren Trouble vermeldete die #79: Das GTC Rekordteam verrechnete sich mit der Fahrtzeit genau wie der WGKC. Eine weitere Zeitstrafe für die #79 war dann wohl der „Sargnagel“ in einem engen und spannenden Rennen, bei dem ATW Racing durch zwei Reparaturen der Heckstoßstange eingebremst wurde.

Auf der Strecke aber tobte ein großer Siebenkampf, bei dem der KSF Bosch aus der Pole heraus das Geschehen mitbestimmte. Ein weiteres Trophy-Team wurde der tragische Held des Wochenendes. Die Hausexperten.de mit der #50 verblüffte die ersten 500 km das gesamte Feld mit ihrer Pace, Abgeklärtheit und Ruhe, obwohl ein Vorderreifen leicht Auflösungserscheinung zeigte. Nach 350 km übernahmen sie die Führung vor Oberheiden Motorsport und Honda Spirit, dahinter der KSF Bosch und der WGKC.

Zur planmäßigen Unterbrechung nach neun Stunden bzw. 540 km lag die #50 immer noch vorn und stellte sich zum Re-Start auf den besten Platz. Die Hausexperten mussten nun dringend den zweiten Satz Reifen montieren, machten sich aber keinen Kopf, da viele der 39 Teams dies ebenfalls, routinemäßig vorhatten. Damit begann das Drama der Hausexperten. Wieviel Pech kann man denn haben? Der neue Satz funktionierte gut eine Stunde, bevor erneut an einem Vorderreifen ein massives Problem auftauchte. Da der alte Satz schon bis zur Leinwand malträtiert war, war ein Rückwechsel sinnlos und das erlaubte Kontingent von vier Vorderreifen verbraucht.

Kurze Konfusion bis geklärt war, was laut Reglement nun zu tun war und die #50 fuhr damit ein paar Runden zu viel mit „Ultra-Vibrationen“ an der Vorderachse, wodurch dann auch noch ein Achsschenkellager den Geist aufgab. Da gab es im gesamten Feld (sprich 128 Vorderreifen) vier faule Eier und zwei davon hatten die Hausexperten erwischt. Da tröstete auch der ansonsten gute zwölfte Gesamt- und vierte Trophy-Rang nicht, wenn man bedenkt, was möglich gewesen wäre.

So standen die restlichen, knapp 500 km am Sonntag im Zeichen anderer – entspannter wurde es trotzdem nicht. Honda Spirit wechselte ebenfalls auf neue Slicks, fiel dadurch eine Runde zurück und pflügte dann durchs Feld auf der Jagd nach dem KSF Bosch. Oberheiden zog nach, hatte aber nur noch einen gut gebrauchten Satz parat. Erstaunlicherweise konnte man mit neuen Reifen fast eine Sekunde schneller den Kurs umrunden. Der MSC Oberflockenbach setzte ebenfalls auf diese Karte. Das bedeutet aber auch, dass man zunächst eine Stunde fahren musste, um den zusätzlichen Boxenhalt zu kompensieren. Als das geschafft war, wurde der Zeitvorteil aber erheblich geringer.

Der KSB Bosch hingegen ließ sich nicht irre machen und blieb auf den alten Reifen. Die Gegner kamen in großen Schritten heran, aber kaum hatten sie ihren wechselbedingten Rückstand wieder zugefahren, pendelte sich der Speed auf „Alt-Reifenniveau“ ein. Die Folge, nach 866 Runden blickte man annähernd auf die gleichen Abstände wie beim Restart in Runde 528. Zwar mit ein wenig Glück, die Gegner tankten kurz vor einer Gelbphase, doch der Sprit muss ja auch reichen bis man einen Tankstopp unter Gelb mit weniger Zeitverlust erledigen konnte.

Jedenfalls galt es sich nun zu belauern. Welcher Taktiker hatte noch ein Ass im Ärmel. Wie oft musste man noch in die Box zum Fahrerwechsel oder zum Tanken – gar nicht so einfach. Die GTC-Gemeinde ist es seit 20 Jahren gewohnt, in Minuten und Stunden zu rechnen, nun hatte man es zum ersten Mal mit einem 1000-km-, also „Runden-Rennen“ zu tun. Die größte Frage rankte sich um die maximale Fahrtzeit von 65 Minuten. Wie also sollte man da hochrechnen, wenn jede Pace-Kart-Phase das Rennende nach hinten verschiebt? Es gab nur eins, maximale Attacke und dann die Uhr im Auge behalten. Der KSF Bosch vorn, Honda Spirit nur um Sekunden zurück. Oberheiden Motorsport zwei Runden dahinter, aber mussten die nicht mehr tanken? Waren die nicht einen Wechsel vorn und wenn ja, mussten die doch auch auf Augenhöhe sein, oder? Gleich mehrere Teams hatten ihre Beobachter in der Boxengasse, die nur Wechsel und Tankzeiten der Gegner notierten, hochrechneten und diese Informationen an die Teamleitung weiterzugeben. Welch eine geniale Schlussphase, in der jeder seinen letzten Tankstopp bis auf den letzten Tropfen hinauszögerte und auf eine Pace-Kart Phase hoffte. Die letzten knapp 90 Minuten gingen aber unter grün zu Ende so blieb nur das Prinzip Hoffnung, denn der Speed der Top-Teams war nahezu identisch.

Der KSF Bosch agierte auch in der Schlussphase wie ein Top-Team, leistete sich keinen Ausrutscher oder technisches Problem und kreuzte die Ziellinie nach 1000 km mit 18 Sekunden Vorsprung auf Honda Spirit. Applaus für die Bamberger, der kam anerkennend auch von den Gegnern. Eine ganz starke Leistung. Honda Spirit hatte zwar Pech mit einer Pace-Kart Phase, doch das tat der Leistung der #20 keinen Abbruch.

Oberheiden Motorsport belegte Platz drei vor dem WGKC. Dahinter die Cool Runnings (P5). Die Pforzheimer beendeten damit eine Serie von sechs Jahren ohne eine einzige Top-Fünf-Platzierung: „Man ist das schwer, eine Renndistanz ohne einen Fehler zu absolvieren.“ Umso glücklicher waren die Jungs von der #75, dass dies endlich mal wieder gelungen war.

Position sechs ging an DG Messebau Racing vor dem MSC Oberflockenbach. Der Auftaktsieger aus dem Odenwald handelte sich im ersten Teil des Rennens sieben Runden Rückstand durch das gebrochenes Bremsgestänge ein, war dann am Sonntag eindeutig das schnellste Team im Feld und konnte den Rückstand trotzdem nicht wesentlich verkürzen. Auch dies sprach für ein extrem dichtes Feld an der Spitze. Diese Erfahrung machten auch die Zehn Gebote. Mit gleich drei Zeitstrafen und einem Plattfuß sprang bei diesem Rennen eben nur Platz acht heraus. Dabei hatte sie noch Glück, dass nicht ein weiteres Trophy-Team noch vorbeizog. Das Kollektiv Seidel Team erwischte wieder ein starkes Wochenende mit Position zwei in der Klasse und Platz neun im Gesamtklassement. ATW Racing enterte nach den zwei Reparaturen der Stoßstange dann doch noch die Top-Ten.