Loïc Duval: „Assen bietet eine Menge guter Überholmöglichkeiten“
In den ersten acht DTM-Rennen der Saison 2019 erlebte Loïc Duval einen Aufschwung. Der Franzose im Interview vor der DTM-Premiere auf der niederländischen Traditionsrennstrecke von Assen (Samstag und Sonntag jeweils ab 13 Uhr live auf SAT.1).
Vier Rennwochenenden liegen bereits hinter uns. Wie fällt deine Saisonbilanz zu den 2019 neu eingeführten Turbomotoren aus?
Loïc Duval: „Zuallererst: Wir Fahrer haben rund 100 PS mehr Leistung. Das ist absolut positiv. Und ich denke, das ist auch für die Zuschauer positiv, weil die Autos schneller sind. Der zweite Punkt ist das Rennmanagement. Die Turbomotoren haben während des Rennens einen großen Einfluss auf den Reifenverschleiß. Wenn du deine Reifen gut managen kannst, hast du gute Möglichkeiten zum Überholen. Für mich sind die Turbomotoren absolut positiv für die DTM. Denn sie erhöhen das Leistungsvermögen und die Überholmöglichkeiten.“
Wie haben die Reglement-Anpassungen zum DRS und das neu eingeführte System Push-to-Pass die DTM-Rennen verändert?
„Der DRS-Effekt ist etwas geringer als letztes Jahr. Doch der Effekt des DRS kombiniert mit dem des Push-to-Pass bietet wirklich gute Überholmöglichkeiten. Deshalb halte ich sie für gute Werkzeuge, um die Show besser zu machen und bei den Rennen mehr Überholmanöver zu haben.“
Es wird in dieser Saison viel über die Safety-Car-Einsätze und die Safety-Car-Regeln diskutiert. Wie ist deine Meinung dazu?
„Einige Male in diesem Jahr kam das Safety-Car aus ganz normalen Gründen zum Einsatz. Doch ein paar Mal war der Einsatz nicht notwendig. Das ist mein Gefühl. Das Problem ist, dass das Safety-Car definitiv zu viel Einfluss hat auf die Rennen, die Rennergebnisse. Meistens kommt das Safety-Car früh im Rennen. Wenn ich über die DTM-Regeln zu bestimmen hätte, würde ich neu hinzufügen, dass in den ersten fünf, sieben oder acht Runden keine Boxenstopps erlaubt sind. Um so sicherzustellen, dass niemand die Möglichkeit hat, schon nach der ersten Runde zu stoppen, und dann bei einem Safety-Car-Einsatz einen Vorteil hat. Denn das ist unfair denjenigen gegenüber, die einen guten Job im Qualifying gemacht haben und im Rennen vorne liegen.“
Wo würdest du ansetzen, um die Rennen noch attraktiver zu machen?
„Ich würde Boxenstopps mit Nachtanken wieder einführen. Warum ich das machen würde? Dann könntest du wirklich eine andere Strategie fürs Rennen wählen. Du könntest mit einem leichten Auto mit wenig Benzin an Bord starten und hättest damit die Möglichkeit zum Überholen. Denn ein leichteres Auto ist immer schneller als ein schwereres. Oder umgekehrt: Du tankst für den Start voll und hast am Schluss ein sehr leichtes Auto.“
Du fährst deine dritte Saison in der DTM und im dritten Jahr für das Audi Sport Team Phoenix. Und es läuft bei dir besser denn je: Viermal warst du 2019 in den Top-Fünf, bist aktuell Siebter in der Fahrertabelle. Woher kommt dieser Fortschritt gegenüber 2017 und 2018?
„Wenn ich darauf eine Antwort hätte, wäre ich sehr happy. Nach meiner ersten DTM-Saison mit Audi habe ich einiges an meinem Fahrstil verändert. Vom letzten auf dieses Jahr habe ich nicht viel angepasst. Mal abgesehen von Zolder, habe ich in Hockenheim, Misano und auf dem Norisring jeweils an der Spitze mitgekämpft. Weil der Audi RS 5 DTM auf jeden Fall durchweg gut ist. Aber es genauer zu erklären ist schwierig. Ich habe den Ingenieur gewechselt. Für mich ist er neu, aber er hat sehr viel Erfahrung in der DTM. Vielleicht ist das einer der Gründe. Letztes Jahr hatte ich einen wirklich guten Ingenieur, aber der war in der DTM ein Neuling.“
Wie haben sich in den letzten zweieinhalb Jahren deine Zusammenarbeit und deine Beziehung mit dem Audi Sport Team Phoenix verändert?
„Wir hatten immer eine gute Beziehung. Doch ich muss auch sagen, was, so glaube ich, normal ist: Das Team war größtenteils um Rocky gebaut, weil er seit vielen, vielen Jahren der Teamleader ist. Er ist eine stabile Komponente des Teams. Deshalb hat es eine Zeit gedauert, um meine Position zu finden. Ich denke, heute habe ich ähnlichen Rückhalt im Team.“
Und wie hat sich deine Zusammenarbeit mit Mike Rockenfeller verändert?
„Wir kennen uns seit etwa zehn Jahren von den LMP1-Rennen. Wir sind immer gut miteinander ausgekommen. Das war einer der Gründe, warum ich im Audi Sport Team Phoenix sein wollte. Weil ich Rocky kannte und wusste, dass er ein fairer Kerl ist, mit dem man gut zusammenarbeiten kann. Wir haben immer noch eine gute Beziehung zueinander. Sie hat sich etwas verändert, weil ich jetzt wettbewerbsfähiger bin. Wir kämpfen nun etwas mehr. Aber auf die nette Art und Weise, was uns beiden hilft, mehr Punkte zu gewinnen. Und für das Team insgesamt ist das gut, weil wir jetzt beide Autos auf demselben Level haben. Für mich kann ich aber sagen, dass Rocky heute mehr ein Freund ist als ein Teamkollege.“
Bist du schon einmal auf dem TT Circuit Assen gefahren, wo die DTM jetzt zum ersten Mal zu Gast ist?
„Nein, ich habe mich bisher nur am Simulator auf Assen vorbereitet. Es ist eine gute Strecke, vom Layout her so ähnlich wie Misano. Es ist definitiv eine MotoGP-Strecke, die uns eine Menge guter Überholmöglichkeiten bietet für gutes Racing. Wir freuen uns wirklich drauf. Wir haben mit Robin (Frijns) ja auch einen Niederländer im Team. Deshalb bekommen wir hoffentlich etwas mehr Unterstützung von den Fans.“
Was ist anders bei der Vorbereitung auf eine so vollkommen unbekannte Rennstrecke?
„Heutzutage arbeiten wir sehr viel mit Simulation. Doch es ist auch wichtig, dass die Ingenieure sich Onboard-Videos anschauen und analysieren. Um sicherzustellen, dass unsere Fahrzeuge im ersten Training auf Anhieb in einem Top-Zustand sind. Wir Fahrer haben diesmal etwas mehr auf die am Simulator erzielten Rundenzeiten geachtet. Überhaupt haben wir für Assen mehr Zeit im Simulator verbracht. Nicht um das beste Set-up zu finden, sondern den besten Fahrrhythmus.“
Zwischen den DTM-Rennen hast du jede Menge anderer Verpflichtungen, zum Beispiel fährst in der LMP2 und bist TV-Kommentator für die Formel 1. Wie schaffst du es, all das zu managen?
„Jede Woche beginnt mit gar nicht so viel Arbeit. Dann gibt es mehr und mehr zu tun, Verabredungen und solche Dinge. Manchmal endet es damit, dass ich sage: Was habe ich getan? Warum habe ich so viel gemacht? Aber meine Arbeit ist meine Leidenschaft. Ich glaube, es ist wirklich ein Privileg, dass ich so viel von dem genieße, was ich jeden Tag tue. Außerdem: Wenn du so performst wie ich in diesem Jahr und dafür mit so vielem belohnt wirst, dann macht dich deine Arbeit nicht müde.“
Gab es schon Zeit für Urlaub?
„Ein bisschen im Februar, bevor die Saison losging. Jetzt habe ich pro Woche zwei, drei Tage frei. Da kann ich meine Batterien aufladen. Und es ist auch kein Problem, dass das in der Woche ist, weil meine Kinder momentan Ferien haben.“
Das DTM-Show-Event zusammen mit der japanischen Super GT in Fuji rückt immer näher. Wie groß ist deine Vorfreude?
„Das wird mir sicher das größte Lächeln des Winters bescheren. Ich freue mich wirklich sehr drauf. Es war eine großartige Phase meiner Karriere, als ich dort Rennen gefahren bin. Wegen des Rennsports, doch auch wegen der Mentalität, der Leute, des Landes selbst. Ich freue mich auch, dass die anderen Audi Fahrer dorthin kommen. Dass sie auch abseits des Racings die Chance haben werden zu erkennen, was es bedeutet, in der japanischen Kultur zu leben.“
Verfolgst du auch das Formel-E-Projekt von Audi?
„Na klar! Ich bin selbst drei Jahre lang Formel E gefahren. Doch egal was, ich verfolge alles, was Audi macht.“