Neue Teams, neue Piloten, neue Autos und neue Lackierungen zeigten sich Freitagmorgen am Mugello Circuit. Die ersten Ausfahrten nach der Winterpause wurden ausgiebig genutzt, Körper und Geist wollten wieder in Schuss gebracht werden. Bei der Saisoneröffnung von Europas schnellster Rennserie auf einer der schönsten Rennstrecken der Welt hieß die entscheidende Frage vor dem Rennstart für die Piloten und ihre Ingenieure: Pirellis P-Zero-Trockenreifen oder doch die Cinturato-Regenreifen? Beide Male hatte es vor Rennen geregnet, dann aber begonnen aufzutrocknen.
Rennen 1
Schnell war klar, der Regenreifen war die richtige Wahl. Schon beim harten Anbremsen auf die erste Kurve hatte Marco Ghiotto (ITA, Scuderia Paladio) die Nase vorn. Polesetter Marc Faggionato (MCO, Zig-Zag), der beim Start zurückhaltend agierte, verlor sofort einige Plätze. Erster Jäger von Titelverteidiger Ghiotto war Andreas Fiedler (GER, Fiedler Racing), der nur von Startplatz 11 ins Rennen ging und schon nach Runde 1 an zweiter Stelle über Start-Ziel kam. Doch in Runde 4 kam für Fiedler aus ungeklärter Ursache das Aus, der Deutsche parkte seinen GP2-Dallara im Fahrerlager und musste zähneknirschend einer vergebenen Chance hinterhertrauern. Der nächste im Bunde, Luca Martucci (ITA, MM International) fuhr zwar die schnellste Rennrunde, verlor aber in der Anfangsphase mit Zweikämpfen zu viel Zeit auf Ghiotto. Der FORMULA-Meister der Jahre 2020 und 2021 suchte jede nasse Stelle am Asphalt, um seine Regenreifen am Leben zu halten. Eine späte Safety-Car-Phase half, um den Rennsieg zu sichern.Martucci wurde Zweiter und machte im Vergleich zum Qualifying sechs Plätze gut. Gianluca De Lorenzi (SMR, GDL Racing) erholte sich von einem anfänglichen Ausflug ins Kiesbett schnell, Rang 3 war der verdiente Lohn beim BOSS GP-Debüt für den Nürburgring-Spezialisten. Ulf Ehninger (GER, ESBA Racing) profitierte zwar vom Ausfall Ingo Gerstls (AUT, Top Speed), dennoch kann der Benetton-Pilot auf ein kontrolliertes Rennen bei rutschigen Bedingungen verweisen. Dafür gab es den verdienten Siegerpokal in der OPEN-Klasse – der erste seiner BOSS GP-Laufbahn!
Rennen 2
Gerstl revanchierte sich und suchte im zweiten Lauf gleich beim Start das Weite. Der Polesetter bog mit seinem Toro Rosso STR1 als Erster in Kurve 1 ein und gab die Position an der Spitze bis zum Rennende nicht mehr ab. Ehninger, der nach seinem Premierensieg am Samstag auch am Sonntag auf das Podium fuhr, reist gemeinsam mit Gerstl als BOSS GP-Tabellenführer zum nächsten Rennen. In der FORMULA-Klasse siegte erneut Marco Ghiotto. Die Entscheidung fiel in Lauf 2 aber erst in der vorletzten Runde. Ghiotto hatte sich in Runde 1 gedreht und anschließend eine grandiose Aufholjagd gestartet, die ihren Höhepunkt in der vorletzten Runde fand: Marc Faggionato (MCO, Zig-Zag) verteidigte seine Führung hartnäckig, blieb aber durchgängig fair. Ausgangs der mittelschnellen Kurve 12 stach Ghiotto in eine Lücke und überholte Faggionato. Hinter den beiden Dritter in der Klasse wurde De Lorenzi, der lange Zeit im Heck von Faggionato klebte, letztlich aber auch Ghiotto ziehen lassen musste. Marco Ghiotto, FORMULA-Doppelsieger: „Ein unglaubliches Wochenende für die Scuderia Palladio. Das Auto war perfekt vorbereitet und ich musste nur die Regenreifen bei immer trockeneren Verhältnissen am Leben halten. Ich habe gehofft, dass es wieder zu regnen beginnen würde und ich suchte jede nasse Stelle auf der Bahn. Es hat zum Glück gereicht, jetzt kann die Formel 1 kommen (lacht).“
Ulf Ehninger, OPEN-Premierensieger: „Für mich ist es das Größte, mit so einem Auto (Benetton B197, Anm.) fahren zu dürfen und dann noch auf einer so schönen Strecke wie in Mugello – unglaublich! Als ich dann oben am Podest gestanden bin, und die Hymne gespielt wurde, war das extrem beeindruckend für mich. In Rennen 2 ist dann genau auf der Ziellinie das Getriebe kaputt gegangen. Jetzt müssen wir mit Vollgas Ersatzteile beschaffen, um bald wieder dabei sein zu können.“
Ingo Gerstl, OPEN-Rennsieger: „Wir haben als gesamte Serie bewiesen, dass es doch geht, und wir auch in diesen Zeiten ein sicheres und trotzdem für jeden einzigartiges Rennevent durchführen können. Die Fahrer und die Teams sind dankbar gewesen, ihre Boliden wieder aus der Garage holen zu können.“
Siegfried Stieger, Geschäftsführer BOSS GP: „Das Hockenheim Historic im Mai wurde von den Veranstaltern verschoben. Wir sind nun dabei, ein Ersatzrennen für Mai auf einer anderen Formel-1-Rennstrecke zu organisieren und guter Dinge, alle sechs geplanten Saisonrennen und die zwei Testtage 2021 über die Bühne zu bringen.“