Mittwoch, 18. September 2024
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GTC
18.09.2024

Honda Spirit siegt beim denkwürdigen Bavarian 24h

Bavarian 24h, das ist für die Langstreckenfreaks der GTC die schönste Rennwoche des Jahres. Testfahrten bereits ab Mittwoch, danach Partys und feiern in den Wagenburgen des Fahrerlagers, offizielle Trainings ab Freitag und dann natürlich die Mutter aller Langstreckenrennen, das Bavarian 24h als Höhepunkt der ganzen Saison am Ende dieser Woche. So sieht normalerweise die schönste Woche des Jahres aus.

Normalerweise! In diesem Jahr jedoch versprach schon die Wettervorhersage am Montag gruselige Aussichten. Dauerregen von Mittwoch bis Sonntagabend mit Höchsttemperaturen zwischen 6-10°. Und so kam es dann auch. Die Rennwoche wurde mehr oder weniger zu einem Überlebenstraining bei winterlichen Temperaturen. Mehrfach wurden Zeitpläne geändert, Teampräsentationen und Einmarsch der Teams, gestrichen. Das Top12 Star-Qualifying, Rennen über 3 Runden mit spektakulären Fahrerwechseln auf der Start-Zielgeraden, musste aus Sicherheitsgründen in ein normales Qualifying umgewandelt werden.

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Set-up Arbeiten, die Jagd nach tausendstel Sekunden und Taktikplanungen verkamen zur Nebensache. Es galt sich gegen die Kälte zu wappnen, den Vergaser „Wasserdicht“ hinzubekommen und die Finger der Fahrer vor Erfrierungen zu schützen. Hauptsache durchkommen, egal wie. Und dann, kam doch alles anders als gedacht.
 
Die erste großen Überraschungen im Q1. EuroRacing feiert auf P1  den Einzug ins Q2!. Mit SBS Fahrzeugtechnik und der PRS Berlin e.V. machen sensationell zwei Cup-Mannschaften den Einzug in das Top12 Quali klar!  Beim Kampf um die Pole, ebenfalls auf klitschnasser Piste kann dann Honda Spirit die Verhältnisse geraderücken und holt sich die Pole, knapp vor der #44 von Kurtz&Paffrath Motorsport. Dann schon EuroRacing (aus der Trophy-Klasse!) vor SBS Fahrzeugtechnik. Erst danach der Top-Favorit und Tabellenführer vom MSC Oberflockenbach.

Wetterbeding musste das Showprogramm gestrichen werden, daher hatten die Teams nun noch etwas Zeit über die Taktik zu grübeln, denn die Wettervorhersage versprach wohl doch etwas trockene Fahrbahn im Verlauf der 24Stunden. Zum Start, na klar, geht es nur mit den „full wets“. Laut Regelwerk mussten (falls Slicks möglich sind) zuerst die „Harten“ gefahren werden. Erst danach war der „Weiche“ Satz Slicks erlaubt. Dieser war bis zu sieben Zehntel schneller aber niemand konnte so richtig testen wie lange der Satz hält. Ein zurückwechseln auf die harten würde einen zusätzlichen Stop bedeuten.

Das Feld steht in Startaufstellung, alle auf Regenreifen, das Überlebenstraining zwei Mal rund um die Uhr konnte pünktlich um 14 Uhr beginnen.

Die 29 Mannschaften kämpfen unter „Grün“ mit der rutschigen Piste. Die Jagd hat begonnen und oh Wunder, die Vorhersage stimmt, der Regen hört auf. Bereits in der ersten SC-Phase (Die #91 von Kartbahn.de Racing rollt mit gebrochenem Bremsgestänge aus) nutzen einige die Chance um auf die Slicks zu wechseln. Der Rest zieht nach beim ersten planmäßigen Stop nach einer Rennstunde. Und schon die ersten Dramen. Der Vorjahressieger von Cinquanta Corse steht mit durchgescheuerter Bremsleitung in der Box und verliert 6 Runden! Kurz danach der nächste Hammer. Der Tabellenführer vom MSC Oberflockenbach verliert ebenfalls 6 Runden um eine wandernde Hinterachse zu reparieren.

Zum zweiten planmäßigen Halt, wechseln nun einige Top-Teams bereits auf die weichen Slicks und gasen an. Ist das zu früh?

Nach 3h liegt Honda Spirit vor ATW Racing, dem GCD Bosch GTC Team und Kurtz & Paffrath Motorsport, alle noch eng beisammen aber eines ist jetzt schon klar. Es gibt nur 5 Mannschaften die mit dem soften Rundenzeiten um die 58.0 fahren können, alle anderen Top-Teams liegen 2-5 Zehntel zurück.

Racoon Racing, ZAP153, Honda Spirit, Kurtz&Paffrath und Cinquanta Corse haben irgendwie diesen „Extra-Speed“ gefunden der es ihnen ermöglicht leicht davon zueilen bzw. wieder Anschluss zu finden. Alle anderen müssen versuchen irgendwie dranzubleiben, die SC-Phasen perfekt zu erwischen um keinen Rundenrückstand zu kassieren.

Nach 6 Stunden liegt nun die #44 vorn, ATW Racing hält sich tapfer auf P2 vor Honda Racing und Racoon. Letztgenannte haben sich aber schon 3 Runden Rückstand eingehandelt. Noch weiter zurück. ZAP 153. „Wir haben im Regen keinen Speed gefunden und sind erst mit dem weichen Reifen in Schwung gekommen. Eine schlecht erwischte SC-Phase und schon waren 6 Runden beim Teufel.“

Als um 22:20Uhr bei GCD Bosch der Transponder das zeitliche segnet und die #20 dadurch 10 Runden verliert, ist nun auch der Tabellenzweite aus der Entscheidung raus! Beim Tabellenführer vom MSC Oberflockenbach kommt es noch „dicker“ Die #34 parkt auf der Strecke, (Motor lose) Beim bergen des Karts unter SC-Bedingungen, passen die Jungs nicht auf. Das SC-Car muss hart bremsen, es kommt zum „Kudelmudel“ bei dem sich das GCD Bosch Team auch noch die Spurstange verbiegt. Die Folge: Die 20 muss reparieren und die #34 park hinterher zu einer 1 Minuten Strafe in der Box. Spätestens danach ist klar, der Tabellenführer und Top-Favorit ist weg vom Fenster. Man sucht nun den fehlenden Speed und konzentriert sich auf die Sonderwertung der letzten 6 Rennstunden um hier wenigstens noch ein paar Punkte zu retten.

Das alles spielt natürlich Honda Spirit in die Karten. Die jedoch denken nur an den Sieg beim Bavarian 24h und geben alles. Die Mach1 Mannschaft von Kurtz&Paffrath lässt aber nicht locker und klebt hinten dran. Hier hadert man zwar mit einem, (auch intern heiß diskutierten) vorgezogenen Boxenstopp unter „Gelb“ In der internen Berechnung muss man nun einen zusätzlichen Stopp zu Ende hinlegen und kommt nicht mehr mit den geplanten 23 Stopps über die Runden. Bis dahin ist aber noch Zeit.

ATW hält noch Anschluss und ZAP 153 hat sich auf P4 vorgearbeitet knapp vor dem ADAC Junior Team Südbaden, denen hier in Wackersdorf einfach 5 Zehntel fehlten!

Auch zur Halbzeit um 02.00Uhr morgens das gleiche Bild. Cinquanta Corse hat sich nun wieder in die Top-Ten gearbeitet, während Raccon zwar schnell ist aber nun ebenfalls viel Zeit in der Reparaturzone verbracht hatte und auf P17 abgestürzt ist. An der Spitze konnte sich Honda Spirit fast eine Runde absetzen, kassiert aber eine Stop&Go für ein Speedlimit vergehen. Je nach Boxenhalt liegt die #44 aber nur wenige Sekunden hinter Honda Spirit. Ab Platz 3 (ATW Racing -3Laps) dann aber deutliche Rundenrückstände.

Es beginnt ein Sprint über die Restlichen 12h. Kutz&Paffrath versucht den Druck auf Honda Spirit hochzuhalten. Die aber spulen ihr Programm ab und hoffen das die Technik mitspielt. Bis zur 18 Stunde hat sich ZAP an ATW ran gearbeitet und liegt nun auf P3.ATW kämpft mit dem etwas schlechteren Speed, dazu geben die Vorderreifen langsam auf. Cinquanta Corse setzt auf P6 das ADAC Junior Team Südbayern unter Druck.

Noch 3 Stunden sind zu gehen. Es ist immer noch trocken. ATW muss auf die harten Slicks wechseln und verliert weiter an Boden. Man versucht noch es später noch mal mit den schon fast zerfledderten weichen (auf der Vorderachse tauscht man den linken auf die rechte Seite) Aber das bringt einen auch nicht mehr nach vorn. Wehr- bzw. Speedlos muss man erst die #15 und später noch Cinquanta Corse ziehen lassen.

Bei den Konkurrenten hält der weiche und es geht in die letzte Stunde. Noch einmal in die Box, den Fahrer wechseln und Nachtanken. Als auch die letzten den finalen Stopp absolviert haben ist es klar. Honda Spirit hat eine Runde Vorsprung. Kurtz&Paffrath hat über die Distanz einen Boxenstopp mehr als Honda Spirit absolviert und muss nun auf ein Wunder hoffen.

Das Wunder geschieht aber nur in der Form, das es tatsächlich komplett trocken geblieben ist. Honda Spirit Teamchef Uli darf zu seinem Geburtstag ein starken Sieg mit seiner Mannschaft feiern. Ständig mit am schnellsten unterwegs, nicht das kleinste Problem, zur richtigen Zeit auf die richtigen Bereifung gesetzt. Sieht man von der Stop&Go ab, ein perfektes Rennen abgeliefert. „Respekt, die haben das perfekt gemacht und verdient gewonnen“ war der Tenor bei den Konkurrenten.
Nur eine weitere Mannschaft konnte sich über ein ähnlich perfektes Rennen freuen. Kurtz&Paffrath mit ihrem Mach1 wurden Zweiter und hatten im Ziel lediglich eine Runde Rückstand, obwohl sie einen Stopp mehr im Protokoll hatten als der Bavarian 24h Sieger.

ZAP 153 wird Dritter. Nachdem man früh zurücklag, zeigte man anschließend ein starkes Rennen und konnte sich sogar eine Runde zurückrunden! Ab P4 dann die Teams deren eine wenig der Speed fehlte, die aber trotzdem nie aufgaben wie das ADAC Junior Team Südbayern. Dann Cinquanta Corse die sich auch die schnellste Rennrunde holten und nach dem Anfangspech eine tolle Aufholjagd zeigten. Dann, auf P6, die enttäuschten Männer von ATW Racing knapp vor den Cool Runnings: Fast schon sensationell dafür das beste Cup Team auf dem 8. Gesamtrang. ASL Racing sorgte für die Überraschung schlechthin, genau wie das beste Trophy Team die auf P10 in Ziel kamen. Das hätte man den Jungs von EuroRacing nie und nimmer zugetraut. Diese Geschichten gibt es dann in den Berichten aus den Klassen.

Honda Spirit feiert bei der 25ten Auflage des Bavarian 24h, nach 2017 den zweiten Gesamtsieg in Wackersdorf und feuert sich damit an die Tabellenspitze. Ein besseres Geburtstagsgeschenk konnte sich Teamchef Uli Buß sich selbst gar nicht machen.

Überragend auch die wahren Helden des Rennens. Bei diesen unwirklichen, fast winterlichen Bedingungen durchzuhalten und niemals aufzugeben zeigt den wahren Racing Charakter der GTC Gemeinde. Wenn man zum wiederholten Male in Box steht, das Kettenblatt ersetzt, den Motor wechselt, die Hinterachse richten muss, den Krümmer tauscht oder die Kupplung ersetzt und alles bei bereits etlichen Runden Rückstand, das ist nicht normal. Nicht ein einziges Team hat das Handtuch geworfen, alle aber wirklich alle haben bis zum Schluss gefightet und ihr Kart wieder auf die Strecke gebracht um dann auch die Zielflagge zu sehen. Eine ganz tiefe Verneigung vor so viel „Racer-Herz“
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