FIA Formel 3 EM
14.10.2014
Europameister Esteban Ocon: Als Rookie zum Titel
Zur Belohnung wird Ocon Ende Oktober auf der Rennstrecke von Fiorano am Steuer eines Farrari einen Formel-1-Test absolvieren. Esteban Ocon und sein Vorgänger Raffaele Marciello haben einige Gemeinsamkeiten: Beide starteten für das Prema Powerteam und beide werden seit vielen Jahren von einem Formel-1-Team unterstützt. Marciello ist noch immer Teil der Ferrari Driver Academy, während Ocon seit seinen Tagen im Kartsport den Support von Lotus genießt.
Nach einer erfolgreichen Kartsport-Zeit fuhr der Franzose zwei Saisons im Formel Renault 2.0 Eurocup und beendete die zweite Saison mit einem guten dritten Platz in der Gesamtwertung. Mit gerade erst 17 Jahren debütierte er schließlich 2013 beim Grand Prix von Macau in der Formel 3. Der Franzose sorgte dabei auf dem als extrem anspruchsvoll geltenden Kurs mit guten Überholmanövern und schnellen Rundenzeiten auf Anhieb für Furore. Über den Winter reifte der ehrgeizige Teenager dann zu einem herausragenden Fahrer, was er bereits beim Saisonauftakt der FIA Formel-3-Europameisterschaf in Silverstone mit einem Sieg im zweiten Rennen unter Beweis stellte.
Bis zum Hungaroring gewann er weiterhin an jedem Rennwochenende mindestens ein Rennen und setzte sich in der Gesamtwertung mehr und mehr vom restlichen Feld ab. Den Zwischenspurt seines härtesten Rivalen Max Verstappen (Van Amersfoort Racing), der in Spa-Francorchamps und auf dem Norisring insgesamt sechs Läufe in Folge gewann, konterte Ocon mit einem Dreifachtriumph in Moskau, bei dem er auch alle drei Pole-Positions eroberte. Mit einem Vorsprung von über 100 Punkten verließ er die russische Hauptstadt.
Auf dem Red Bull Ring und Nürburgring erlebte der Tabellenführer der FIA Formel-3-Europameisterschaft wiederum eine kleine Durststrecke und musste bis Imola auf seinen nächsten Triumph warten. Auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari schließlich reichte ihm ein dritter Rang im dritten Rennen, um sich vorzeitig als neuer FIA Formel-3-Europameister feiern zu lassen.
„Ich weiß noch gar nicht, was ich sagen soll. Vor der Saison hätte ich nie damit gerechnet, ein solches Jahr zu erleben. Ich bin total happy und freue mich auch schon riesig auf meinen ersten Formel-1-Test, den ich Ende Oktober mit einem Ferrari absolvieren werde“, jubelte der neue Champion, der im Laufe der Saison nie konkret an einen möglichen Titelgewinn dachte. „Ich habe absichtlich immer nur von Rennen zu Rennen gedacht, denn dann wird man weniger nervös und bleibt ruhiger.“
Wenn er seine Saison Revue passieren lässt, dann erinnert sich der eher ruhige Ocon am liebsten an sein Heimrennen in Pau. „Der Samstag dort war mein persönliches Saisonhighlight. Ich habe an diesem Tag zwei Pole-Positions geholt und ein Rennen gewonnen. Weil es mein Heimrennen war, war dieser Sieg besonders schön.“ Weniger gerne denkt er an sein Wochenende auf dem Red Bull Ring zurück: „Da lief es einfach nicht und ich habe auch Fehler gemacht. Aber ich habe aus diesen Fehlern gelernt und bin dadurch etwas besser geworden. Mir war aber schon vor der Saison klar, dass nicht alle Rennen perfekt laufen können, dafür ist das Starterfeld auch einfach zu stark.“
Ocon stammt nicht aus einer reichen Familie und ist dem Lotus-Formel-1-Team deshalb sehr dankbar, dass sie ihn seit 2010 fördern. „Ohne sie wäre ich sicher nicht hier. Sie unterstützen mich, wo sie nur können. Weil ich diese tolle Chance nutzen möchte und weil ich den Motorsport einfache liebe, gebe ich immer 200 Prozent“, sagt Ocon, der neben seinen motorsportlichen Ambitionen und viel Sport noch zur Schule geht. „Ich mache eine Art Home-School und möchte das so lange praktizieren, wie es geht. Schließlich weiß man nie, wie es im Motorsport weitergeht und eine solide Schulbildung kann nicht schaden.“
Doch im Moment muss er sich keine Sorgen machen, auch wenn Gwen Lagrue, der für das Nachwuchsprogramm des Lotus-Teams verantwortlich ist, noch nicht sagen kann, wie der Weg seines Vorzeigeschülers Esteban Ocon im kommenden Jahr aussehen wird. Das finale Ziel des Lotus-Förderprogramms bleibt, Ocon auf die Formel 1 vorzubereiten. Und schon in der Woche nach Imola darf der junge Franzose, der den Motocross-Piloten Ryan Villopoto und den Sprintstar Usain Bolt als seine Vorbilder angibt, ein erstes Gefühl von der Königsklasse genießen: Dann wird er erstmals im Formel-1-Simulator von Lotus sitzen. Lagrue: „Das hat er sich verdient.“