24h Nürburgring
31.05.2016
Mühlner Motorsport mit Porsche zurück beim 24h-Rennen
„2009 haben wir mit zwei Porsche 911 GT3 Cup S in der SP9 Klasse – in der man um den Gesamtsieg kämpft – letztmals teilgenommen und mussten feststellen, dass wegen der neueingeführten „Gleichmacherei“ unsere Strategie und Taktik nicht mehr im notwendigen Maße zum Ergebnis beitragen konnten. Der ADAC wollte Herstellern eine Bühne bieten und konkret zu diesem Zeitpunkt auch nicht schon wieder einen Porsche als Sieger haben, daher hatten wir uns dort zurückgezogen. Da die heute in der GT3 notwendigen Budgets total explodiert sind, engagieren wir uns aktuell in der GT4 und haben mit dem Cayman auch einen ins Reglement passenden Porsche dafür. In der Cup-3-Klasse werden die Tankvolumen nicht begrenzt und keine Mindest-Boxenstoppzeiten vorgegeben, was in der SP9 Benzin effiziente Fahrzeuge, wie den Porsche, benachteiligt. Daher war 2016 der richtige Zeitpunkt, wieder am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring teilzunehmen“, erklärt Bernhard Mühlner.
Allerdings konnte diese Entscheidung leider erst sehr spät gefällt werden und die gesamten Vorbereitungen mussten innerhalb von kürzester Zeit bewältigt werden.
„Die Teilnahme an einem 24-Stunden-Rennen bereitet man normalerweise über mehrere Monate vor, wir hatten gerade einmal drei Wochen. Die gesamte Organisation, die Zusammenstellung der Crew und des Fahrer Kaders und last but definitely not least die technische Vorbereitung des Fahrzeuges wurde in Rekordzeit bewältigt, dafür möchte ich jedem Einzelnen, der dazu beigetragen hat, ganz herzlich danken. Neben meiner gesamten Familie, die immer unermüdlich mithilft, allen Crew Mitgliedern, den Fahrern, unseren Lieferanten und unserem Sponsor H&R Spezialfedern aus Lennestadt im Sauerland haben alle mitgeholfen. Ohne all diese Unterstützung hätten wir es nicht hinbekommen, in der kurzen Zeit so ein schlagkräftiges Programm auf die Beine zu stellen“, weiß Bernhard Mühlner.
Und schlagkräftig war das Paket: Der H&R Spezialfedern Porsche Cayman GT4 CS mit der Startnummer 355 dominierte das Freie Training und beide Qualifyings, so dass Daniel Bohr (Luxemburg), Frank (überall bekannt als Schmicki) Schmickler (Lohmar) und Pierre Humbert (Frankreich) von der Poleposition aus in das Rennen zweimal um die Uhr starteten.
Startfahrer Bohr führte souverän, als in der vierten Rennrunde ein Unwetter hereinbrach. Zahlreiche Abflüge ereigneten sich durch sintflutartigen Regen und Hagel. Auch Bohr rutschte in die Leitplanke bevor sich die Rennleitung entschloss, dass Rennen mit Roter Flagge zu unterbrechen.
Das gab der Mühlner Mechaniker Crew die Chance, den Cayman vor dem Restart wieder vollständig zu reparieren und Bohr nahm dann nicht nur als Erster in der Klasse, sondern auch als Führender der gesamten zweiten Startgruppe das Rennen wieder auf, als die Rennleitung es wegen der immer noch widrigen Witterungsbedingungen erst nach drei Einführungsrunden wieder freigab.
Bohr fuhr einen Doppelturn und übergab dann, immer noch in Führung liegend, an Schmicki, der ebenfalls zwei Turns fuhr. Durch eine unterschiedliche Tankstrategie fiel der H&R Cayman #355 kurzfristig auf Position drei zurück, doch nach dem Fahrerwechsel auf Humbert relativierte sich das wieder und man übernahm erneut die Führung und hatte wieder einen beruhigenden Vorsprung.
Dann ereignete sich genau das, was bei einem so langen Endurance Rennen nicht passieren darf: Humbert hatte bei der Überrundung eines langsamen Teilnehmers die falsche Seite gewählt, kam mit Slicks von der trockenen Ideallinie auf den noch nassen Teil der Fahrbahn und schlug vehement mit der rechten Seite in die Leitplanken.
„Als Pierre funkte, dass er in die Leitplanke eingeschlagen und das Auto ein Totalschaden sei, habe ich ihn zuerst gebeten, einen genauen Schadensbericht abzuliefern. Zwei Mechaniker sind direkt mit dem Quad los zu dem Streckenabschnitt, wo sich der Unfall ereignet hat. Aber noch bevor die dort eintrafen, habe ich von Pierre nähere Informationen erhalten, als nur die pauschale Aussage „Totalschaden“. In über 35 Jahren im Motorsport, haben wir schon des Öfteren das Unmögliche möglich gemacht und wirklich stark verunfallte Rennfahrzeuge wieder flott bekommen. Als Pierre mir sagte, dass sich die Räder noch drehen würden, habe ich ihm die Anweisung gegeben, zur Box zu kommen. Eine risikoreiche Entscheidung, in der Nacht auf der stockdunklen Nordschleife mit 15km/h zur Box zu humpeln, während die anderen Teilnehmer mit voller Speed an einem vorbeifliegen, aber die einzige Möglichkeit, den Versuch zu unternehmen, das Auto zu reparieren und das Rennen zu beenden. Wir hatten dann das große Glück, dass ein Fahrzeug der Streckensicherung mit Rundumleuchte auf dem Dach unserem Cayman „Geleitschutz“ gegeben hat“, erzählt Bernhard Mühlner.
Es sollte sich zeigen, dass diese riskante Entscheidung goldrichtig war: Als Pierre nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in der Box ankam, stelle sich heraus, dass es zwar ein großer Schaden war, aber weit weg von einem Totalschaden. Die Mechaniker tauschten die bereits im Vorfeld des Rennens vormontierten Radträger samt Quer- und Längslenkern sowie Antriebswelle an der Hinterachse und alle beschädigten Achsteile an der Vorderachse. Der Rest wurde ausgebeult und alles andere mit Kabelbindern und Tape fixiert bevor Bohr wieder auf die Strecke ging und vom Ende des Feldes aus das Rennen wieder aufnahm.
„Die Mechaniker haben das Auto so schnell als möglich repariert. Was uns viel Zeit gespart hat, war, dass wir im Vorfeld komplette sogenannte Viertelachs-Pakete aufgebaut hatten, die bereits auf die richtigen Sturz- und Spurwerte voreingestellt waren. Als ich dann Daniel wieder auf die Strecke geschickt habe, sollte er probieren, ob alles funktioniert und als er dann zur Box funkte, dass alles soweit OK sei, fiel uns ein Stein vom Herzen. Dieses Wechselbad der Gefühle, von dem Funkspruch von Pierre „Totalschaden“ bis zu Daniels Funkspruch „Auto funktioniert“ war schon extrem“, erinnert sich Bernhard Mühlner.
Vom Ende des Feldes aus und mit einem natürlich nicht mehr ganz so perfekten Fahrzeug ging es jetzt nur noch ums Ankommen bei der insgesamt 41. Teilnahme an einem 24-Stunden-Rennen in der langen Historie von Mühlner Motorsport. Nach zwei weiteren außerplanmäßigen Boxenstopps, wo die Crew kleinere technische Probleme behoben hat, sah der H&R unterstütze Cayman mit der Startnummer 355 als Dritter seiner Klasse die Zielflagge.
„Beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring Nordschleife, dem für Mensch und Maschine härtesten Endurance Rennen der Welt, die Zielflagge zu sehen ist quasi grundsätzlich schon ein Erfolg. Dass wir trotzt des Unfalls nicht nur angekommen sondern noch auf dem Podium unserer Klasse gelandet sind, ist unserer tollen Mannschaft zu verdanken, die das Auto nach Pierres heftigem Unfall wieder fit gemacht haben. Ich bin sehr stolz auf unsere Mannschaft. Die Teilnahme am Nürburgring diente auch schon der Vorbereitung unseres nächsten 24-Stunden-Rennens, den 24-Stunden in Spa Francorchamps Ende Juli. Für unser 42. 24-Stunden-Rennen haben wir am Nürburgring wichtige Erkenntnisse gewonnen, die nun konsequent bei der Vorbereitung für Spa umgesetzt werden“, fasst Bernhard Mühlner abschließend zusammen.
Vor dem 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps, das vor der Haustüre des Headquarters von Mühlner Motorsport stattfindet, steht noch die Teilnahme an zwei VLN Rennen auf dem Nürburgring auf dem Programm.