Dabei war die diesjährige Ausgabe ein weiterer Beweis dafür, warum die Nürburgring Nordschleife auch als „grüne Hölle“ bekannt ist: Wetterkapriolen, von strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen bis hin zu Schüttregen und unter zehn Grad Celsius. Dabei war die Aufgabe für die knapp 150 Teams auch ohne das schlechte Wetter schwierig genug. Auf der 25,378 Kilometer langen Gesamtstrecke, die den GP-Kurs des Nürburgrings ohne Mercedes-Arena sowie die komplette Nordschleife beinhaltet, wurde Mensch und Material über die Zeit von 24 Stunden nämlich ohnehin alles abverlangt.
Im freien Training sowie in den Qualifyings-Sessions, die am Donnerstagabend und Freitagmittag ausgetragen wurden, konzentrierten sich die Teams von ISERT-Motorsport und Aimpoint-Racing darauf, die frisch revidierten Fahrzeuge einzufahren und Fahrerinnen sowie Fahrern noch etwas Eingewöhnungszeit auf die KTM X-BOW GT4 Renner zu gewähren – immerhin waren mit Rahel Frey oder Lena Strycek einige Teammitglieder noch kaum mit dem spektakulären Mittelmotor-Rennwagen aus Österreich gefahren.
Im kombinierten Ergebnis aus Q1 und Q2 lag der schnellste KTM X-BOW GT4 dann auf Rang 39, das Kundenauto von ISERT-Motorsport mit Arne Hoffmeister, Nils Jung, Robert Schröder und Florian Wolf konnte das „Männer-Auto“ auf Rang 43 dabei um etwas mehr als 2 Sekunden distanzieren. Die Damen lagen etwas weiter zurück, wurden allerdings in ihren jeweils schnellsten Runden von Code-60-Abschnitten eingebremst – mehr als Platz 66 war somit nicht zu holen, bei einem 24-Stunden-Rennen aber nicht weiter tragisch.
Das Rennen wurde am Samstagnachmittag bei strahlendem Sonnenschein gestartet, die Stimmung in und um die Startaufstellung beziehungsweise während der Einführungsrunde auf der Nürburgring Nordschleife war einmal mehr einzigartig. In der Startphase – rund 150 Autos machten drei Startgruppen notwendig – ging alles sauber über die Bühne, doch schon nach wenigen Runden entwickelte sich der Rennbeginn äußerst hektisch, es kam laufend zu kritischen Situationen und Unfällen. Dem schnellsten X-BOW mit Arne Hoffmeister am Steuer wurde dies zum Verhängnis, als der ISERT-Motorsport-Pilot nach rund zwei Stunden Fahrzeit ein Trümmerteil überfuhr, das verheerende Schäden anrichtete: Ölwanne aufgerissen, Getriebeölleitung abgerissen, Motorlager zerstört. Das Team reparierte so schnell wie möglich, verlor aber 16 Runden und wurde bis auf Platz 141 zurückgeworfen.
Beinahe wäre das von A.T.U unterstütze Damen-Team einem ähnlichen Schicksal zum Opfer gefallen: Bei einem haarsträubenden Überrundungsmanöver eines GT3-Autos wurde der KTM X-BOW GT4 am Heck getroffen, Naomi Schiff konnte einen Abflug aber gerade noch verhindern, die Beschädigungen wurden beim nächsten Boxenstopp mit Hammer, Blechschere und Race-Tape „repariert“. Von diesen beiden Zwischenfällen abgesehen liefen die drei KTM X-BOW GT4 im „CUP X“ Trimm jedoch völlig problemlos, was die Teamchefs Uwe Isert (ISERT-Motorsport) und Axel Friedhoff (Aimpoint Racing) unisono mit großer Genugtuung quittierten: „Wir haben das gesamte Rennen über nichts anderes gemacht als Reifen zu wechseln und Daten zu ziehen“, so Uwe Isert, dem Axel Friedhoff beipflichtete: „Einen viertel Liter Öl haben wir bei den Autos auch noch nachgefüllt, aber das war’s. Wenn wir die Beschädigungen an Naomis Auto nicht gehabt hätten, wäre es beinahe langweilig geworden…“
Bis zum Jubel bei der – übrigens fast gleichzeitigen – Zieldurchfahrt am Sonntagnachmittag hatten die Fahrerinnen und Fahrer allerdings unzählige Schreckmomente und Herausforderungen zu überstehen. Besonders der Schlechtwettereinbruch nach Mitternacht brachte Verhältnisse, die selbst erfahrene Piloten zum Verzweifeln brachten: Johannes Stuck, der den KTM X-BOW GT4 mit der Nummer 202 in den frühen Morgenstunden von seinem Bruder Ferdinand übernahm, sprach sogar von den schlimmsten Bedingungen, die er jemals erleben musste: „Es war Wahnsinn. Ich hatte keine Ahnung, wie Ferdi zuvor so schnell fahren konnte. Ich habe absolut nichts gesehen, völliger Blindflug. Teilweise war ich mir nicht mehr sicher, ob ich wohl noch die Strecke treffe, wenn ich einlenke…“
Selbst Ring-Legende Volker Strycek hatte in diesen Bedingungen seine Mühe: „Die Sicht war wirklich, wirklich schlecht, andauernd gab es Aquaplaning, und dann kam auch noch dazu, dass unsere Scheibe anlief.“ Beim Damen-Team waren es Rahel Frey und Laura Kraihamer, die sich in den Nachtstunden abwechselten. „Ich habe mir gedacht, dass das hier mit ganz viel Abstand das absolut Verrückteste ist, das ich jemals gemacht habe“, so Kraihamer nach ihrem ersten 24-Stunden-Rennen überhaupt. Rahel Frey pflichtete ihr bei: „Es war teilweise wirklich grenzwertig, null Sicht, sintflutartiger Regen, KTM hat sich für die Premiere beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring die mit Abstand schwierigsten Verhältnisse ausgesucht.“
Die Anspannung erreichte ihren Höhepunkt, als am späten Sonntagvormittag Nebelschwaden über dem Grand-Prix-Kurs aufzogen und der ohnehin schon starke Regen noch einmal deutlich intensiver wurde. Die Rennleitung sah sich daraufhin gezwungen, das Rennen mittels roter Flagge zu unterbrechen. Nach nervenaufreibenden eineinhalb Stunden Wartezeit erfolgte der Re-Start und damit ein Sprint ins Ziel – bei nach wie vor strömendem Regen. Doch die beiden Schlussfahrer, Johannes Stuck im „Männerauto“ und Rahel Frey im „Damenauto“, ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen und brachten die Autos auf den sensationellen Gesamtpositionen 26 und 39 ins Ziel, worauf in den Boxen grenzenloser Jubel ausbrach. Beachtlich war dabei auch noch der 72. Gesamtrang des KTM X-BOW GT4 mit der Startnummer 203, mit dem das Team nach frühem Rückschlag und langer Reparatur eine sensationelle Aufholjagd über insgesamt 69 Positionen hinlegen konnte.
Hans Reiter, maßgeblich an der Entwicklung des KTM X-BOW GT4 beteiligt, war vor Ort einer der ersten Gratulanten bei den erfolgreichen Kundenteams: „Das ist ein ganz, ganz großer Erfolg. Wir konnten ein Auto in den Top-30 platzieren und das bei über 40 reinrassigen GT3, SPX und sonstigen Special-Fahrzeugen, die uns leistungsmäßig haushoch überlegen sind. Dabei haben wir über 24 Stunden nicht mehr als sieben Sätze Reifen gebraucht, trotz Wetterkapriolen. Unsere Stints waren bis zu zehn Runden lang, an keinem Fahrzeug mussten Bremsscheiben oder Beläge gewechselt werden. Besser kann man die Vorteile des KTM X-BOW GT4 nicht demonstrieren, ich gratuliere den Teams und natürlich den Fahrerinnen und Fahrern von ganzem Herzen, ein toller Tag für KTM!“
KTM Vorstand Hubert Trunkenpolz hatte das Rennen im Livestream beinahe rund um die Uhr gebannt verfolgt und war ob der Leistung entsprechend begeistert „Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die diesen großartigen Einstand beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring möglich gemacht haben. Die echten Helden sind die Teams und vor allem die Pilotinnen und Piloten, die es geschafft haben, ihre Autos bei diesen Bedingungen ohne Fehler durchzubringen. Das ist zweifellos ein großer Tag für KTM und den X-BOW!“
Weitere Stimmen zum 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring
Rahel Frey: „Meine vierte Teilnahme am 24-Stunden-Rennen war zugleich meine schwierigste. Gar nicht so sehr deshalb, weil ich fast nicht schlafen konnte, sondern weil die Bedingungen so schlecht waren. Jeder, der fehlerlos durch diese Regen- und Nebel-Nacht kam, ist ein Held. Ich bin riesig stolz auf die Mädels und das ganze Team, danke für die tolle Arbeit. Das Duell gegen die Jungs haben wir zwar verloren, die Challenge aber trotzdem erfolgreich absolviert. Ich freue mich auf 2019, dann gibt es hoffentlich die Revanche!“Lena Strycek: „Das war ein Wahnsinns-Erlebnis. Danke an KTM, an A.T.U und an das Team, dass dieses Projekt realisiert wurde. Es war mir eine Ehre dabei zu sein und es hat riesengroßen Spaß gemacht. Die Mädels haben bewiesen, dass sie sehr schnell Autofahren können, aber natürlich gilt die Gratulation den Jungs, perfekt gemacht!“
Laura Kraihamer: „Ein einzigartiges, unglaubliches Erlebnis. Ich freue mich so sehr für unser gesamtes Tea. Dass wir das geschafft haben war eine enorme Leistung mit vielen Beteiligten, von Reiter über A.T.U bis hin zu KTM und Aimpoint Racing. Ich konnte so viel lernen und habe mich in diesen 24 Stunden als Fahrerin enorm weiterentwickelt.“
Naomi Schiff: „So ein Rennen gibt es kein zweites Mal auf der Welt, es war einfach unglaublich und ich bin sehr dankbar, dass ich ein Teil davon sein durfte. Leider gibt es in diesem Jahr keine Nordschleife mehr für mich, aber ich hoffe, dass wir ganz bald wieder zusammenfinden werden!“
Volker Strycek: „Das war in unglaublich gut vorbereiteter, einzigartiger Einsatz mit einem Auto, das enorm Spaß gemacht hat. Gesamt auf Platz 26 über die Ziellinie zu fahren hat alle meine Erwartungen übertroffen. Vielen Dank an alle, die daran beteiligt waren, dieses Projekt in die Realität umzusetzen – es war mir eine Ehre, dabei gewesen zu sein!“
Max Friedhoff: „Das war ein Wochenende, das mir lange in Erinnerung bleiben wird. Ich bin extrem stolz auf unsere Teamleistung und mehr als froh mit dem genialen 26. Gesamtrang. Danke an alle, die das möglich gemacht haben – und hoffentlich auf ein Neues in 2019!“
Ferdinand Stuck: „Wir und die Autos waren perfekt vorbereitet, so konnten wir eine wirklich fehlerfreie Leistung bringen. Man muss sagen, dass wir das absolute Maximum herausgeholt haben – Klassensieg und 26. Gesamtrang, das ist einfach sensationell!“
Johannes Stuck: „Es gibt im GT-Sport kein härteres Rennen, aber mir war schon nach den ersten Runden im September 2016 klar, dass wir mit dem KTM X-BOW ein solches Resultat erzielen können. Dass wir jetzt den Pokal und diese sensationelle Gesamtplatzierung mitnehmen können, verdanken wir der kontinuierlichen Arbeit von KTM, Reiter Engineering, ISERT-Motorsport und vielen weiteren Beteiligten!“