Erste Frage an Sie: Wie lang ging die Party?
Nick Catsburg: „Ach, das war gar nicht so spektakulär. Ich war um kurz nach 2 Uhr auf meinem Zimmer.“Alexander Sims: „Es war keine wilde Party. Es war einfach nur schön, mit dem Team bei einigen Drinks an der Bar zu sitzen und den Erfolg zu genießen.“
Nick Yelloly: „Immerhin waren wir am Morgen danach fit genug, um gemeinsam zu frühstücken.“
Sims: „Echt? Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern…“ (lacht)
Aber an das Rennen hoffentlich! Welchen Stellenwert hat der Sieg bei den 24h Nürburgring in Ihren Karrieren?
Catsburg: „Einen extrem hohen. Das sind mein Lieblings-Event und meine Lieblingsstrecke. Ich siedle den Erfolg auf einem Level mit meinem Sieg bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps 2015 an.“Sims: „Zusammen mit meinem Spa-Sieg 2016 ist das der größte Triumph meiner Karriere.“
Yelloly: „Für mich war es der erste große Sieg als BMW Werksfahrer – und das erste Mal, dass ich bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring ins Ziel gekommen bin. Dann gleich den ganz großen Triumph feiern zu dürfen, steht ganz oben auf der Liste meiner Erfolge.“
War Ihnen der historische Aspekt des Sieges für BMW – 50 Jahre nach dem ersten Sieg, 20. Gesamtsieg und zehn Jahre seit dem letzten Sieg – bewusst?
Yelloly (lacht): „Absolut. Wir konnten in der Berichterstattung zudem oft genug verfolgen, dass dieser Sieg eine große Bedeutung für BMW hätte. Entsprechend groß ist die Ehre, diesen wichtigen Sieg für BMW eingefahren zu haben. Ich denke, die ganze Tragweite wird uns allen erst in den nächsten Tagen bewusst.“
Alexander, Nicky, Sie beide waren 2017 ebenfalls mit ROWE Racing schon einmal ganz nah am Sieg dran und sind dann Zweite geworden. Haben Sie sich daran erinnert?
Catsburg: „Ich bin sogar schon zweimal Zweiter geworden und habe den Jungs gesagt: ‚Ich will auf keinen Fall schon wieder Zweiter werden.' Und ganz ehrlich: Als ich in der Schlussphase am Funk immer wieder gehört habe, wie schnell die Konkurrenz hinter mir aufholt, habe ich gedacht: ‚Verdammt, bitte nicht schon wieder!' Zum Glück ist es diesmal anders gelaufen.“
Alexander, wie nervös waren Sie, als Sie Nicky in der hochspannenden Schlussphase tatenlos zusehen mussten?
Sims (lacht): „Da Nicky im Auto saß, war ich extrem nervös! Im Ernst: Es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn du da draußen stehst und die Dinge nicht selbst unter Kontrolle hast. Ich hatte volles Vertrauen in Nickys Fähigkeiten, aber wir haben ja während des Rennens gesehen, dass der BMW M6 GT3 in unterschiedlichen Bedingungen unterschiedlich gut funktioniert hat. Da kann man als Fahrer natürlich nicht allzu viel machen.“
Nicky, wir müssen über den Verbremser in der ersten Kurve reden, als Sie am Audi, der in der Box war, vorbeigegangen sind…
Catsburg (lacht): „Ich war einfach so froh, dass ich vorne war! Nein, es war so, dass sich in diesen letzten Runden die Streckenverhältnisse rapide verändert haben. In diesem Moment habe ich den Grip einfach etwas überschätzt und mich leicht verbremst. An dieser Stelle ist das zum Glück kein großes Problem.“
Ganz ehrlich: Wie groß war der Druck, den Sieg als Schlussfahrer ins Ziel bringen zu müssen?
Catsburg: „Druck gibt es in jeder Rennsituation. Auch im Top-Qualifying oder am Start ist der Druck auf den Fahrer groß. Aber ein wenig nervös war ich trotzdem, das gebe ich ehrlich zu. Der Stress steigt natürlich, wenn du über Funk immer wieder gesagt bekommst, dass die Konkurrenz aufholt und du daher pushen musst. Du bist ja schon am Limit und musst ständig abwägen, wie viel Risiko du eingehst. Auf der anderen Seite ist es natürlich cool, derjenige zu sein, der am Ende als Sieger über die Ziellinie fährt. Ich hatte während der gesamten letzten Runde Gänsehaut. Das war komisch, denn ich musste mir immer wieder selbst sagen, dass ich diese Runde erst noch zu Ende bringen muss.“
Unter welchen Bedingungen hat das Auto am besten funktioniert?
Yelloly: „Ich denke, wenn es richtig nass war, hatten unsere Gegner einen klaren Vorteil. Aber wenn es trockener wurde, konnten wir vor allem auf den ‚Driying Wet'-Reifen das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten drehen. Auf abtrocknender Strecke waren wir deutlich schneller als die Konkurrenz. Zum Glück hatten wir in der Schlussphase des Rennens genau die richtigen Verhältnisse. Ich hatte sogar einen vollen Stint auf Slicks. Die haben sich auch sehr gut angefühlt.“
Haben Sie sich geehrt gefühlt, das Top-Qualifying und den Start fahren zu dürfen?
Yelloly: „Das war auf jeden Fall eine Ehre. Dass ich das Qualifying fahren durfte, war relativ früh klar. Den Startfahrer haben wir erst recht kurzfristig festgelegt. Es ist schön, neben Fahrern wie Alexander und Nicky, die beide schon große Siege für BMW gefeiert haben, dieses Vertrauen zu bekommen.“
Alexander, Sie waren beim Rennabbruch am Samstagabend im Auto. War die Rote Flagge die richtige Entscheidung?
Sims: „Das war die einzig richtige Entscheidung. Ich war zu dem Zeitpunkt im Vergleich zu unseren Gegnern zwar relativ schnell unterwegs, aber es war ehrlicherweise nur eine Frage der Zeit, bis es zu einem schweren Unfall kommt. Es gab Streckenabschnitte wie Pflanzgarten zum Beispiel, wo man nur ahnen konnte, wo man hinfährt. Gesehen hat man nichts. Von daher hat die Rennleitung in dieser Phase einen sehr guten Job gemacht, denn es war wirklich gefährlich da draußen.“
Wie haben Sie den Restart am Sonntagmorgen erlebt?
Sims: „Das war ein Wechselbad der Gefühle. Mein erster Stint im Nassen war wirklich schwierig. Ich hatte das Gefühl, dass ich gerade unsere Siegchancen wegwerfe, so langsam war ich. Ich habe mich in dem Moment sehr hilflos gefühlt. Wir hatten einfach nicht die Pace und sind immer weiter zurückgefallen. Im zweiten Stint war es dann komplett andersherum. Die Strecke trocknete ab, die Reifen funktionierten und plötzlich waren wir die Schnellsten im Feld. Ich habe ein Auto nach dem anderen überholt und hatte wieder ein gutes Gefühl. Zu dem Zeitpunkt wusste ich aber noch nicht, ob wir wirklich wieder um den Sieg fahren würden.“
Nick, wann haben Sie das erste Mal gedacht: ‚Okay, es geht um den Sieg'?
Yelloly: „Nachdem Alexander seine Aufholjagd gestartet und das Auto an mich übergeben hatte, wusste ich, dass wir in einer guten Position sind. Ungefähr zur Halbzeit meines Doppelstints hatte ich dann den Führenden im Blick und wusste: Wenn ich an ihm dranbleiben kann, haben wir eine Chance.“
Wie sehr hat es für den Sieg geholfen, dass der BMW M6 GT3 schon so viele Rennkilometer auf der Nordschleife absolviert hat und Sie ihn bereits extrem gut kennen?
Catsburg: „Das hat nicht nur uns Fahrern, sondern auch dem Team sehr geholfen. Das Auto lief ohne Probleme, und auch wir als Team haben absolut keine Fehler gemacht.“Sims: „Ich denke, es hat uns vor allem in den wechselnden Bedingungen geholfen, das Auto sehr gut zu kennen. Als Fahrer willst du in solchen Situationen nicht in einem Auto sitzen, von dem du noch nicht genau weißt, wie es reagieren wird. Wir haben alle so viel Erfahrung im BMW M6 GT3, dass wir immer direkt wussten, wie sehr wir ans Limit gehen konnten.“
Nicky und Nick, für Sie geht es am kommenden Wochenende schon weiter, richtig?
Catsburg: „Genau. Ich bin jetzt schon wieder am Flughafen, denn am Wochenende fahre ich für Walkenhorst Motorsport im BMW M6 GT3 die 8 Stunden von Indianapolis im Rahmen der Intercontinental GT Challenge. Da wünsche ich mir natürlich den nächsten Sieg – aber nur für mich, nicht für Nick!“ (lacht)Yelloly (lacht): „Klar, denn ich sitze ja auch im Schwesterauto. Diesmal sind wir Gegner, und ich kann Nicky deshalb am kommenden Wochenende natürlich überhaupt nicht leiden. Im Ernst: Ich fliege heute Nachmittag und freue mich sehr darauf, zum ersten Mal in meinem Leben in Indianapolis zu fahren.“
Sims: „Okay. Während Ihr schon wieder Rennen fahrt, lehne ich mich zuhause zurück und genieße erstmal meinen Erfolg auf dem Nürburgring.“ (lacht)