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Formel 1
07.06.2020

Dr. Helmut Marko zum Re-Start der F1: ”Glaube nicht, dass es ein Risiko ist!”

Mit einer viermonatigen, Corona-bedingten Verspätung startet die Formel 1 am 5. Juli im österreichischen Spielberg in die neue Saison (RTL überträgt). Reporter Felix Görner sprach dazu für die RTL/ntv-Redaktion mit Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko. Der Österreicher spricht über die Organisation des Rennes und über sportliche Perspektiven. Gleich zum Saisonauftakt kündigt er eine volle Attacke seines Teams an.
Herr Marko, wie wird der Ablauf beim Österreich-GP sein?
„Der Zeitablauf ist völlig identisch. Anders ist, dass sämtliche Teammitglieder die Sicherheitsvorschriften erfüllen müssen, also Maske und Abstand, soweit das möglich ist. Beim Boxenstopp wird es nicht möglich sein. Und: Es werden alle zwei Tage Tests durchgeführt. Aber sonst ist es eigentlich für Leute, die mit Presse und Medien zu tun haben, einfacher, weil die Termine alle wegfallen.“
Wie viele Menschen werden im Fahrerlager sein?
„Der Formel-1-Tross wird circa 1600 Personen umfassen. Das sind die Teams, die FIA, die Reifenhersteller und Motorenzulieferer und natürlich auch die Funktionäre. Streckenposten werden circa 500 dabei sein. Mit dem Rahmenrennen, der Formel 3, der Formel 2 und dem Porsche Cup, werden wir auf knapp über 2000 Personen kommen.“
Die Teams sind verkleinert auf ca. 80 Leute – wer muss mit, wer bleibt zuhause?
„Wir müssen natürlich die Renningenieure, die Strategieabteilung und die entsprechenden Mechaniker dabei haben, wobei die Leute, die am Auto arbeiten, auch schon in England - oder bei AlphaTauri in Italien – vorher getestet werden. Da wäre es schwierig, einen Ersatz zu finden, ein Boxenstopp ist etwas ganz Essentielles. Man hat also nach der Wichtigkeit der Positionen das Team ausgedünnt.“
Was passiert bei einem Corona-Fall?
„Der Positiv-Fall ist geregelt. Der kommt in eine eigene Isolierstation und wird dort weiter beobachtet. Aber ganz wichtig: Die Rennveranstaltung ist dadurch nicht in Gefahr.“
Wie stolz sind Österreich und die Steiermark (12.7.), den Auftakt auszurichten?
„Es gibt drei Weltpremieren. Zum ersten Mal startet die Formel-1-Saison mit dem Großen Preis von Österreich. Zum ersten Mal gibt es zwei Rennen. Und das zweite Rennen ist als Großer Preis der Steiermark nach der Region benannt. Wir sind wahnsinnig stolz. Dadurch, dass wir als erste die Bewilligung bekommen haben, war es möglich, die nachfolgenden Rennen zu organisieren, mit einer Art Musterfall und allem, was hier ausgearbeitet wurde. Ich glaube wirklich nicht, dass es ein Risiko ist. Für Österreich als Export- und Tourismusland ist das eine immense Werbung. Also, wir sind ganz, ganz stolz, freuen uns aber auch, dass es jetzt endlich los geht.“
Wie funktioniert das Testen mit den Fahrern?
„Max Verstappen ist, muss ich sagen, ängstlich. Wir haben ein paar Veranstaltungen geplant gehabt, aber wenn da die Sicherheitsvorkehrungen nicht wirklich optimal waren, hat er sie abgesagt. Das ist verständlich. Er will der jüngste Weltmeister werden und geht jedem Risiko aus dem Weg. Die meisten Fahrer leben ja in Monaco, wo die Sicherheitsvorkehrungen ja sehr, streng waren. Da durfte man ja nur wenige Stunden das Haus verlassen. Also, die kommen gut isoliert und vorbereitet hierher.“
Was erwarten Sie für ein Rennen – manche Fahrer sagen, es wird chaotisch, weil sie keinen Rhythmus haben …
„Wir haben die üblichen Trainingssitzungen freitags und samstags, ich hoffe, dass wir das hereinkommen. Aber wenn es heiß wird, und das ist im Juli gut möglich, dann kann es schon sein, dass nicht die übliche Kondition und damit auch nicht die Konzentration da ist. Aber für den Zuschauer ist das natürlich ein zusätzlicher Spannungsfaktor.“

Wie wahrscheinlich ist es, dass Max Verstappen hier sein Triple holt?
„Mercedes war hier nie stark, hat hier auch immer Probleme gehabt. Aber wir kennen das Kräfteverhältnis nicht. Beim Testen wird getäuscht und getarnt, wie wir wissen. Melbourne hat nie stattgefunden. Wir kommen mit Versionen hierher, die von den Updates her unerprobt sind, weil wir praktisch zwei Stufen übersprungen haben. Auch der Honda-Motor war in der Höhenlage immer noch besser. Die Entwicklung ist weitergegangen. Aber wir wissen es nicht. Wir wissen nur, dass Ferrari bei den Tests nicht auf dem Level von Mercedes und Red Bull war. Aber vielleicht konnten die in der Zwischenzeit ja aufholen.“
Geht Red Bull von Beginn an volles Risiko?
„Da ich davon ausgehe, dass die ersten acht Rennen in Europa fix sind – das würde für eine WM ausreichen – muss man vom ersten Rennen voll dabei sein und das Maximum rausholen. Die Übersee-Rennen, das sind Länder, die momentan von Corona stark gefährdet sind. Diese Rennen sind geplant, aber ob sie wirklich stattfinden werden, steht in den Sternen. Darum wollen wir vom ersten Rennen an voll auf Attacke gehen.“
Sie haben Max Verstappens Ziel ‘jüngster Weltmeister‘ genannt. Wie realistisch ist das aus Ihrer Sicht?
„Wir haben darauf lange hingearbeitet, wir haben immer wieder Rückschläge gehabt. Aber wir haben jetzt einen soliden Motorenlieferanten mit Honda und wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Die waren hauptsächlich, dass wir erst gegen Mitte der Saison richtig wettbewerbsfähig waren. Jetzt starten wir mit Mitte der Saison, unsere Vorbereitung ist auch wesentlich besser gewesen. Mercedes und Hamilton sind ganz klar der Favorit, aber wir sehen uns als erster und ernster Herausforderer.“
Was trauen Sie Vettel noch zu dieses Jahr?
„Wenn ich davon ausgehe, dass die Testzeiten in Barcelona doch eine gewisse Aussagekraft haben, dann glaube ich nicht, dass Ferrari absolut zu den Spitzenteams gehören wird. Die Situation im Team: Sebastian wird sich sicher nichts sagen lassen, da ist also auch eine große Rivalität. Dass Sebastian seinen Vertrag nicht verlängert hat, hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass er das technische Potenzial nicht gesehen hat, das ihm zu einem weiteren Titel verhilft.“
Können Sie ihn sich bei Mercedes vorstellen?
„Ich finde das ganz toll. Das wäre für den Motorsport ganz toll. Vettel gegen Hamilton im Mercedes, was gibt es Besseres? Vor zwei Jahren hätten die immer Platz 1 und 2 gemacht. Ich hoffe, dass wir jetzt so nah dran sind, so etwas zu verhindern.“
Wenn das nicht klappt, glauben Sie, dass Vettel ein Jahr Pause macht?
„Wenn er den Mercedes-Sitz nicht bekommt, ist ein Jahr Pause sinnvoll. Ein Jahr beobachten, was passiert. Für 2022 kommt ein völlig neues Reglement und die Budgetgrenze. Da ist also eine völlig Neuaufstellung und in seiner Situation sehe ich für ihn wieder die Chance, bei einem Siegerteam einzusteigen.“

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Quelle: RTL/ntv-Redaktion